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Feministische Science-Fiction


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14.Türchen

– wärmste Leseempfehlung für ER,SIE und ES von Marge Piercy und .jahresendzeit.winteristhere.mood. ODER eine kleine Abhandlung, warum wir feministischen Science- Fiction brauchen –

Mit Science Fiction kitzelt die Frage ‚was wäre wenn?‘ Sie sorgt dafür, Zukunftsepisoden auf das Hier und Jetzt zu übertragen…auf einmal merkt man ‚poor so‘nen Roboter hätte ich auch gern!‘.

Wenn ich mit Freunden (ja männers sind gemeint) über die technischen Möglichkeiten diskutierte, um Revolution zu machen, war ich meist die pessimistischste, was die Befreiungsmöglichkeiten neuer digitaler Technologien anging. Dann kam ER, SIE UND ES von Marge Piercy in mein Leben[thx to califax!]. Das Buch hat voll eingeschlagen und Dank Marge Piercys feministischer, techno-futuristischer, crass schlauen Frauenbrille meine Wahrnehmung auf Technik und Technologien total erweitert.

…während ich das schreibe fällt mir auf, dass dieser Marge Piercy Einschlag in mein 2017 ungefähr zeitgleich war als ich Heart of Code kennenlernte…hehe…passend irgendwie. Es war Winter, kalt und noch in Friedrichshain, der Umzug nach Kreuzberg sollte für Heart of Code bald anstehen. Und nun ist voll was passiert und es gibt den cozy femihackspace in Kreuzberg am Görli. Meganice. Alles Gute weiter ladiez!

…zurück zum Buch ;) Okay. Wir reisen Richtung Ende des 21. Jahrhunderts. Große Teile der Erde liegen in Asche, sind unbewohnbar. Die Menschheit lebt in abgeschotteten Einheiten unter multinationaler Kontrolle, wenige unter Selbstverwaltung. Die Einheiten sind abgeschottet unter Licht und Luftschutzkuppeln, da sonst ein Überleben nicht mehr möglich ist. Shira ist die Protagonistin In ER, SIE UND ES, die als Cybertechnikerin unter einem Kunsthimmel für einen Konzern arbeitet und dort um das Sorgerecht für ihren Sohn kämpft. Nach bitterem Scheitern beschließt sie, zurück zu kehren in die Freie Stadt Tikva, Tausende Kilometer entfernt, wo sie aufwuchs. Dort verbrachte Shiras Großmutter die Zeit damit, einem Cyborg Gutenachtgeschichten zu erzählen, der die freie Stadt gegen die Konzerne verteidigen soll. Shiras neuer Job in der freien Stadt Tikva wird sein, den Cyborg Jod zu sozialisieren.

– kleine Leseprobe für euch; die Cyborg- Schöpferin spricht zu Jod: „Ich habe lange und hart gerungen deine Talente mein Lieber auszuweiten, als ich an deinen Lust- und Schmerzzentren arbeitete und an deinem Vorstellungsvermögen. Nach den Kategorien von Freud, diesem wunderbaren alten Schwindler, diesem Bildner der Triebe, habe ich Thanatos und Eros gegeneinander ausgewogen. Avram hätte mich nicht auf dich loslassen dürfen, wenn er einen simplen, vom Manne geschaffenen Cyborg wollte, denn du bist auch von einer Frau geschaffen. Mein Wissen ist in dir. Aber niemand, mein Lieber, gab dir deinen unstillbaren Hunger danach, alles zu verstehen. Den gabst du dir selber. Glaube niemals, Jod, niemals, auch nicht Avram, nicht einmal mir, jemanden, der dir sagt, wessen du fähig bist und wessen nicht. Finde es selber heraus.“

Die Geschichte erzählt von Frauenperspektiven auf das Entwerfen von Robotern, Technik, Technologien und die moralischen Fragen dabei. Es handelt von globalen, politischen Kämpfen, von Begehren und Solidarität. Das Buch macht Lust immer weiter zu lesen, weil Marge Piercys Sprache so ansprechend ist. Außerdem scheint die Autorin verdammt schlau zu sein. Im Gegensatz zu den meisten Beschleunigungs- und- Technikoptimist*innen schauen wir mit ihr nicht nur in die Zukunft, wenn‘s um Technik geht, sondern sie bringt Geschichtlichkeit mit rein, und das auf ‘ne super ästhetische Art und Weise.

Als es in den 1970er und 1980er Jahren in der BRD noch nen bisschen anders lief, gab es Kohle die durch feministische Initiativen wie dem Ariadne Verlag investiert wurden, um Frauenliteratur zu veröffentlichen. Gerade was Science Fiction Literatur angeht, sah‘s bis dahin sehr düster …ähm räusper: .männlich. aus in der deutschen Autorenlandschaft. In den USA war das anders. Somit wurden nen paar grandiose Übersetzungen feministischer Literatur erzeugt. Das Buch wurde vom Verlag dieses Jahr wieder neu aufgelegt, sonst ist es auch noch als 90er Ausgabe mit trashy Cover zu finden. Für‘s weniger schweinische onlinekaufen geht bspw. Booklooker, da finden sich auch noch Secondhandbücher. Oder ihr geht analog ma’ im schönen K.fetisch in Neukölln vorbei. Dort liegt das Buch aus und man kann ma bei nem guten Getränk und Torte reinstöbern.

Mit Marge Piercy wird klar: wir fangen nicht bei .null. an, was feministische Auseinandersetzungen rund um Technik angeht. Es gibt einige Jahrzehnte Geschichte dieser Kämpfe und ihre Romane sind aufschlussreiche Dokumente dazu, die ganz und gar nicht dröge oder langweilig sind zu lesen.

ER, SIE UND ES ist der dystopische Romanentwurf, den Marge Piercy angeregt vom Cyborg Manifest von Donna Haraway (pdf!) 1991 veröffentlichte. 1976 schon entwarf sie mit ihrem ersten Roman Frauen am Abgrund der Zeit, der kein Halt vor der Darstellung sexistischer Gewalt in den USA macht. Das Buch ist die starke feministische Utopie einer möglichen Zukunft, in der bspw. die Frage nach Techniknutzung was das Gebären angeht, ganz an Maschinen abdelegiert worden ist. Menschenkörper sind frei von dem Gebärzwang und können sich ganz der Gestaltung einer solidarischen Gesellschaft widmen, wo Kindererziehung ganz anders aussehen könnte….wer vielleicht infolge gern von ihr weiter lesen mag.

Was könnte sein und wie könnte das Gute Leben in der Zukunft sein und verdammt nochmal wie kommen wir dahin? …and what would be the .Gegenwart. without Heart of Code? – nicht auszudenken! let‘s read Marge Piercy. let‘s fight like Heart of Code for inventing our future 💗

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Woooow!

Wir sind immer noch ganz geflasht von all der Unterstützung!

Vielen vielen Dank an alle Spender*innen, die dafür gesorgt haben, dass wir bald eine 3D-Druckerin im Baumschiff begrüßen dürfen, und sie fleißig mit Filamenten füttern können!

Und auch die Lötstation zieht bald ein und wir bekommen einen Seilzug!

Wahnsinn!

Voll das verfrühte Weihnachten hier in der Heart of Code!

Für die Adventszeit sind alle unsere Wünsche erfüllt - aber wir freuen uns auch über weitere stetige Unterstützung, z.B. mit einer Fördermitgliedschaft

Oder kommt mal im Baumhaus vorbei und werft N=randomInt(1,10000) Bitcoins (in bar) in unsere Spendenbüchse.


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